Kinder- und Frauenrechte

Kinder- und Frauenrechte

 

Was im Orient Gesetz ist, ist in Deutschland oft verboten.
Was in Deutschland Gesetz ist, ist im Orient oft verboten.

Die Frau steht in der streng traditionellen, orientalischen Familie im Zentrum des moralischen Anspruchs. Das Mädchen, die junge Frau, die erwachsene Frau – sie ist für die Erhaltung der Ehre der gesamten Familie verantwortlich. Die Erhaltung der Jungfern Schaft bis zur Eheschließung und das sittsame Verhalten einer Frau ist unbedingt einzuhalten, damit nicht die Ehre einer Familie unwiderruflich verletzt wird.

Wie stehen diese Familien-Traditionen im Kontext der deutschen Rechtsprechung?
Was ist in Deutschland erlaubt, was ist verboten?

Viele Traditionen streng traditioneller Familien verletzen die ersten zwei Artikel des Grundgesetzes, weil sie in die Freiheit des Einzelnen eingreifen, welche den obersten Wert in der Bundesrepublik Deutschland darstellt: Die Würde des Menschen (der Frau, des Mannes, des Kindes) ist unantastbar (Artikel 1 Grundgesetz), Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Abs. 1 GG), Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 S. 1 GG).

Prof. Christian Schrader, Jurist und Studiendekan der Hochschule Fulda, konnten wir spontan gewinnen, einen eingeladenen Familienrechtler zu vertreten. In Interview-Form konnte Prof. Schrader BewohnerInnen der Unterkunft Zieten die Konstruktion der deutschen Rechtsprechung verdeutlichen: Das Grundgesetz mit seinen Grundrechten als Schutz der Bürger vor dem Staat und untereinander setzt sich um in den Gesetzes-Büchern wie dem Bürgerlichen-, dem Öffentlichen-, dem Straf-Gesetz. Diese große Gesetzes-Sammlung steht über den Heiligen Schriften wie der Thora, der Bibel, dem Koran. Prof. Schrader betonte, dass heute die Grundrechte mehr unter dem Aspekt der individuellen Freiheit und der Gleichberechtigung der Geschlechter interpretiert werden als noch in den 50er-Jahren.
Im Folgenden haben wir Fragen besprochen, wo gerade in Familien unter den BewohnerInnen Unsicherheit besteht. „Was darf ich meinen Kindern vorschreiben, was nicht? Welche Lebensbereiche darf die Familie bestimmen, welche nicht?“ Bei Kindern gibt es nicht für jede Angelegenheit einen Alterskatalog der Selbstbestimmung. Allerdings nimmt sie tatsächlich sukzessiv zu und kann dem entsprochen eingefordert werden, erklärte uns Prof. Schröder. Wo genau in streng patriarchalisch traditioneller Tradition deutsches Recht gebrochen wird, wurde konkret benannt. Vielen Dank an Prof. Schrader für seinen ehrenamtlichen Einsatz!            

 Annabel Konermann