Gesprächsrunde „ Was glauben wir - in 10 Minuten“ - Judentum, Christentum, Islam –
5. Juli, 19 Uhr, Apex-Cafe, Burgstraße, Göttingen
Der Islam ist an „allem Schuld“? Die Medien betreiben das Islam-Bashing zur Zeit ungezügelt. Das Judentum und das Christentum sieht sich auch permanent der öffentlichen Schelte ausgesetzt.
Referenten schildern uns klar und präzise das Einzigartige und die Gemeinsamkeiten ihres monotheistischen Glaubens:
Judentum Jacqueline Jürgenliemk, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Göttingen
Christentum Ludger Gaillard, Pastor, Dozent an der Universität Göttingen, interreligiöser Dialog
Islam Florent Zhegrova, Islamwissenschaftsstudent, Avicenna- Studienstiftung
Dr. Khaled Kanjo Übersetzer in Göttingens arabisch sprachigen Moscheen
Der Mensch ist von Natur aus religiös, doch Religion wird auch schon immer politisch missbraucht. Herrscher nutzen Religionen, um die Menschen zu unterjochen und Territorien für sich zu gewinnen. Heute sind viele Menschen darum religionsmüde, und die negativen Nachrichten zu Religionen brechen nicht ab. Vorurteile gegenüber anderen Religionen und Ausrichtungen werden gepflegt. Nach Juden-Verfolgung und Juden-Bashing kam Christen-Verfolgung und Christen-Bashing, und jetzt wird Islam-Bashing medial gefeiert.
Weil Ehrenamtliche wie Flüchtlinge auch immer wieder auf religiöse Fragestellungen stoßen, haben wir zu diesem Abend eingeladen, an dem die drei monotheistischen Religionen beleuchtet werden.
Jede Religionsentstehung wird mit in ihrer Neuheit, ihrer Botschaft, ihrem Alleinstellungsmerkmal vorgestellt. Was ist ihr Kern? Und was sind unsere Gemeinsamkeiten?
„Was glauben wir“ in jeweils 10 Minuten.
Judentum Jacqueline Jürgenliemk, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Göttingen
Christentum Ludger Gaillard, Pastor, Dozent an der Universität Göttingen, interreligiöser Dialog
Islam Florent Zhegrova, Islamwissenschaftsstudent, Avicenna- Studienstiftung
Dr. Khaled Kanjo Übersetzer in Göttingens arabisch sprachigen Moscheen
Jürgenliemk setzte bei ihrer Beschreibung des Judentums einige Akzente: Die Thora, die ersten 5 Bücher Moses und die weiteren Schriften des Alten Testament sind eine Sammlung aus Chroniken, Gesetzen, Genealogien und Psalmen und sind von Menschen niedergeschrieben, inspiriert von Gottes Geist. Der Respekt vor der Schöpfung wird in der Regel des Sabbatjahres für die Ackerfelder deutlich. Betont wird die Nächsten- und Fremdenliebe. Jeder Mensch ist ein Abbild und ein Spiegelbild Gottes. Das Besondere am modernen Judentum ist das Fehlen jeglichen missionarischen Ehrgeizes, was sich im Selbstschutz vor den Missionsversuchen anderer Religionen manchmal bis zum Abkapseln steigert und Missverständnisse und Misstrauen hervorrufen kann.
Gaillard beschrieb das Christentum als eine langsame Entwicklung aus dem Judentum. Menschen aus den verschiedensten kulturellen und sozialen Schichten, Frauen wie Männer, finden in Jesus den Erlöser und Befreier. Sie entledigen sich zunehmend der strengen jüdischen Regeln, stellen allerdings nie die Basis in Frage, die 10 Gebote. Sie schärfen ihre Verbindung zu Gott im Gebot der Gottes- und Menschenliebe, die von der unmittelbaren Gotteskindschaft zu einer reifen und universellen Beziehung wachsen soll.
Zhegrova begann mit einer Erzählung vom Propheten, der vom Erzengel Gabriel geprüft wurde Mohammed war nur ein Mensch, dem der Koran als göttliches Wort eingegeben wurde. Im Islamischen Glauben ist alles, was uns widerfährt, ob gut oder böse, Schicksal, Kismet, vorherbestimmter göttlicher Wille. Kanjo betonte zudem die Liebe zu Gott als Antrieb eines jeden Muslim. Im islamischen Katechismus steht geschrieben, alle Menschen sind gleich, Männer und Frauen jeder Herkunft. Darüberhinaus unterschied Kanjo sehr deutlich zwischen Islam und aktuellen politischen und gesellschaftlichen Doktrinen und Strömungen im Orient.
Viele Gäste waren gekommen. Sie sprengten beinahe den Apex-Raum. Viele Interessierte sind seit langem in der Flüchtlingshilfe tätig. Auch Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und der Türkei waren dabei. Das Interesse war groß. Und so folgte auf die drei 10-Minuten-Statements ein sehr differenzierter Dialog zwischen Gästen und Referenten.
Es gab konkrete Nachfragen nach Gewaltmissbrauch, nach Frauenrechten, und nach der jeweiligen Positionierung in der modernen demokratischen Gesellschaft. Zum Teil wurde das Wesen der Religion in Frage gestellt und scharfe Kritik geübt. Doch da alle vier Referenten sehr für eine historisch-kritische Auslegung ihrer Schriften plädieren und den Religionskritikern in vielen Punkten auch Recht gaben, entstand ein sehr vielschichtiges und tiefgehendes Gespräch, das alle Teilnehmer zu einem gegenseitigem Verständnis führte, und die Gemeinsamkeiten der geistigen Traditionen und der menschlichen Kultur und die Chancen eines weiterhin befruchtenden Austausches aufzeigte.
Annabel Konermann, Bonveno-Ehrenamtskoordinatorin